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HOW IT STARTED.

Ausstellung ANABWESENHEIT
Forum der Stiftung Kunst und Baukultur Britta und Ulrich Findeisen in Köln
vom 14.12.2023- 07.02.2024 

HOW IT TURNED OUT.

Ausstellungsbilder: Constantin Meyer

ANABWESENHEIT
vom Verschwinden - fotografische Sichtbarkeiten

Vom Verschwinden

Texte von Uta Winterhager anlässlich der Ausstellungseröffnung am 14.12.2023 im Forum der Stiftung für Kunst und Baukultur Findeisen

"Wie schön, dass wir heute Abend hier zusammenkommen.

Wie schön, dass ihr diesen Anlass geschaffen habt.

 

Denn es gab diese Zäsur, die vor zwei, drei Jahren die Welt fast zum Stillstand gebracht hat, da wäre das nicht möglich gewesen.

Ich habe mich sehr gefreut, als über Stefan die Anfrage kam, ob ich hier bei der Eröffnung der Ausstellung sprechen möchte. Danke für euer Vertrauen und den Mut mich von meinem Schreibtisch wegzuholen.  

 

Es ist ein wenig seltsam, denn obwohl wir an denselben Themen arbeiten, oft auch an denselben Projekten, sehen wir uns kaum. Erst durch die Hände der Redaktion stehen Bilder (von euch) und Text (von mir) in der Zeitschrift, im Magazin dann plötzlich nebeneinander. In den 24 Jahren, in denen ich jetzt schreibe, habe ich nur zwei Ortstermine gemeinsam mit Fotografen gemacht. Zufall oder nicht, denn wenn ihr kommt, und das ist im Leben eines Hauses meist sehr früh, ist alles so sauber, als würde das Bauen keinen Dreck machen, so unberührt, als würde das Benutzen keine Spuren hinterlassen. Ich liebe diese Momente, die die Architektur in maximaler Reinheit zeigen.

Welche Rolle spielt hier der Mensch im Menschengemachten? Männer, Frauen und Kinder, die die Häuser bewohnen und beleben, die darin arbeiten, lernen, lieben, essen, Schutz suchen, Gemeinschaft finden?

Lange spielten sie keine große Rolle. Ich erinnere mich an einen Werkvortrag im Rahmen der legendären Montagabendgespräche am Reiff, der Architekturfakultät der RWTH Aachen. Es war wahrscheinlich 1995, als Peter Eisenman da zu Gast war und eine etwas kritische Frage zur Nutzung seiner gefalteten Entwürfe ziemlich deutlich beantwortete: „I don‘t care how they live in the folds.“. Ihm war es also egal, wie die in den Falten leben … So war das damals. Eine Haltung, die uns im Studium unheimliche Freiheiten gab, in der Praxis aber nichts verloren hatte. Dennoch waren die Architekturzeitschriften menschenleer. Selbst die Redakteurinnen und Autoren hatten kein Gesicht. Ich erinnere mich an mein Erstaunen, als plötzlich eine Gestalt über das Cover der Bauwelt huschte. Schwarz gekleidet natürlich. Was das für ein Gebäude war, auch das Jahr habe ich leider vergessen. Denn inzwischen ist es längst zur Normalität geworden, dass Architekturfotografien belebt sind. Der Mensch als Maßstab ist das eine, zeigen dass es echt ist, dass es funktioniert in der Benutzung das andere. Das „Recht am eigenen Bild“ änderte daran noch mal etwas, seither sieht man häufiger mal die Architektinnen oder Projektleiter oder ihre Kinder oder eine von KI generierte menschliche Figur ohne Rechte. Auch die steht für Leben.

Und so komme ich wieder zum eigentlichen Anlass dieses Abends, den 9 Serien, die ihr in einer Zeit fotografiert habt, die uns neben vielen anderen Brenngläsern auch gezeigt hat, wie sehr wir einander brauchen. Wahrscheinlich wäre keine dieser Serien entstanden, hätte es die Pandemie und die Wochen des Lockdowns nicht gegeben. Denn trotz aller Einschränkungen, Verbote und Regeln war es eine Zeit, in der sich unerwartete Freiräume aufgetan haben. Ihr habt diese Freiräume genutzt und mit euren Bildern ganz besondere Erzählungen geschaffen. Deshalb möchte ich hier auch nicht als zehnte Position danebenstehen, sondern ich habe mir nach den kleinen Gesprächen, die wir hier in der letzten Woche beim Aufhängen geführt haben, die Freiheit genommen, zu jeder Bildreihe ein kleines Textpäckchen zu schnüren. Heute geht es nicht darum, dass wir eine dritte, fremde Sache so präzise wie möglich kommunizieren. Es geht darum, das neunmal wunderbar Subjektive zu feiern, die neun Momente, die längst vorbei sind. Wir erzählen vom Verschwinden."

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Zu meiner Arbeit COMIRNATY EY-2172 fand Uta Winterhager folgende passende Worte:

"Wir erinnern uns, das war der Impfstoff, der gute, made in Mainz, der Leben gerettet, Angst genommen und die Stadt reich gemacht hat.

Du zeichnest mit deinen Aufnahmen von Impfzentren und Testzentren das Bild eines ebenso utopischen Ortes wie dystopischen, zu finden irgendwo in einer anderen Welt. Wenn du fotografiert hast, warst du außerplanmäßig da - vor allen anderen oder nach allen anderen. Sicher schwierig zu organisieren.

Was machen deine Bilder mit uns, die improvisierten Containerdörfer, die langen Reihen von Kabinen in großen Hallen? Kabel hängen von der Decke, leere Stühle stehen auf Abstand, dicke Schläuche bringen virenfreie Luft. Klebebandpfeile auf dem Boden verhindern Begegnung.

Es war die Angst, die uns dazu gebracht hat, immer mehr Regeln zu folgen, als wir es gewohnt sind. Plötzlich hatten wir alle etwas gemeinsam, waren Flüchtlinge im eigenen Land.

Was du hier zeigst, sagt aber auch: Wir haben das im Griff, jeder Ablauf ist geplant, es ist sicher.

Und gleichzeitig ist das, was Hoffnung gegeben hat, so furchtbar gefühllos. Reine, maximale Funktion. Ändert das purpurfarbene Licht, das auf die Container fällt, etwas daran? Die Fototapete mit dem Karibikmotiv bringt maximale Verwirrung. Wir wollten, dass es temporär ist, dass es vorbeigeht. Danach räumen wir alles wieder weg, stellen die gewohnte Ordnung wieder her.

Was Architektur ist, erklären deine Bilder mit der Abwesenheit von Architektur."

zur Webseite der STIFTUNG FÜR KUNST UND BAUKULTUR

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